So kurz vor Jahresende ist es Zeit einmal ein Fazit zu ziehen. Was bis Mitte Juni noch nach einem guten Börsenjahr aussah, kennt seitdem nur eine Richtung – nach Süden. Die Gründe die herangezogen werden sind allesamt nicht wirklich neu. Trumps America First Politik hat für einige Verunsicherung gesorgt, insbesondere welche Auswirkungen neue Zölle und Handelsschranken auf den Welthandel haben können. Da die Welt inzwischen so stark vernetzt ist, ist dabei nicht einmal klar ob die USA bei einem Handelskrieg als Sieger hervorgehen würde. Vielmehr wären alle Verlierer durch höhere Preise und Wegfall von Arbeitsplätzen. In Europa kommen noch die Brexit-Diskussionen hinzu, aber auch die Schuldenprobleme Italiens sind wieder ein Thema, nachdem die neue Regierung mehr Schulden machen will, als ursprünglich mit den EU-Partnern ausgemacht waren. Eher ein deutsches Problem bleiben die Diskussionen um Diesel-Fahrverbote. An den Zinsmärkten geht immer öfter die Diskussion um steigende Zinsen umher. Italienische Staatsanleihen haben bereits einen stärkeren Zinsanstieg deutlich über 3% erlebt, da die EZB im kommenden Jahr ihr Anleiheankaufprogramm zurückfährt, könnten die Zinsen weiter (leicht) steigen. Bei den Leitzinsen dürfte erstmal wenig passieren, Konjunktur und Inflation liegen im Rahmen. In den USA hat die Notenbank die Zinsen bereits mehrfach erhöht, so dass sich eine flache Zinskurve herausgebildet hat. Sollte sich eine inverse Zinskurve, bei der die Kurzfristzinsen höher als die Langfristzinsen sind, herausbilden, war dies in der Vergangenheit meist ein Signal für einen drohenden Konjunkturabschwung. Noch läuft es bei den meisten Unternehmen gut, die Märkte sind jedoch nervös, dass selbst kleine Nachrichten größere Kursausschläge bedeuten können.
So ergeben sich für das Deutschlandrente-Portfolio auch einige weniger erfreuliche Auswirkungen. Trotz meist guter Geschäftslage haben in diesem Jahr 78 Unternehmen Kursverluste erlitten, zwei blieben unverändert, und 18 Unternehmen konnten Wertzuwächse verbuchen. Der größte Gewinner mit 43% Plus ist Wirecard, eine Fintech-Bank, die hier im Blog bereits umfassend vorgestellt wurde und inzwischen mehr wert ist als die Deutsche Bank die im gleichen Zeitraum einen Kursverlust von 51% erlitten hat.
Auf der Gewinnerseite sind auch viele Immobilien-Unternehmen, insbesondere TAG mit 34% Wertzuwachs und die Deutsche Wohnen mit 16% Plus. Mit 29 bzw. 28% Plus konnten zwei Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich glänzen, die Carl Zeiss Meditec und die Morphosys AG. Carls Zeiss Meditec ist Spezialist für Ausrüstungen zur Diagnose und Behandlung von Augenerkrankungen und in der Mikrochirurgie und fertigt unter anderem auch künstliche Linsen für trübe Augen beim sogenannten Grauen Star, das Unternehmen wächst überdurchschnittlich und konstant. MorphoSys AG versteht sich als unabhängiges Biotechnologie-Unternehmen, das innovative Antikörper für therapeutische Zwecke entwickelt. Die firmeneigenen Technologien HuCAL (Human Combinatorial Antibody Library) und Ylanthia zählen zu den leistungsstärksten Methoden zur Herstellung vollständig menschlicher Antikörper. Durch den erfolgreichen Einsatz dieser Technologien zählt Morphosys als führend im Bereich therapeutische Antikörper, eine der am schnellsten wachsenden Medikamentenklassen in der pharmazeutischen Industrie. Gewinne schreibt das Unternehmen allerdings noch nicht. Trotz heftiger Diskussionen um den Kohleausstieg, konnten auch die Energieversorger RWE und Innogy gute Kursgewinne erzielen. Auch die oft gescholtene Volksaktie Deutsche Telekom konnte 2018 bislang mit einem kleinen Plus von 2% bestehen.
Trotz guter, wennauch reduzierter Geschäftsaussichten gehört der Weltmarktführer im Bereich Beschichtungen, Covestro, mit 47% Minus zu den größten Verlierern in diesem Jahr. Eine hohe Dividende und günstige Bewertung der Aktie halfen bislang nicht als Gegenargument gegen eine stärkere Wettbewerbsintensität und höhere Kosten. Noch stärker hat der Automobilzulieferer Leonie mit 59% Minus verloren. Obwohl in der Automobilindustrie immer mehr Kabel verbaut werden, und der Trend zum E-Auto wohl nicht aufzuhalten ist, litt der Kurs des über 100 Jahre alten Kabellieferanten stark unter der allgemeinen Automobilkrise. Sogar 70% büßte der Kurs von Ceconomy ein, die die Elektronikmärkte von MediaMarkt und Saturn betreiben. Ein Ergebnis unter den Erwartungen und ein unglückliches Russland-Geschäft hatten die Investoren verärgert. Nach Konsensschätzungen ist die Aktie inzwischen sehr günstig bewertet mit einer Aussicht auf eine überdurchschnittlich hohe Dividende. Ganz am Ende des Kurszettels mit einem Kursverlust von 71% ist die Dürr AG, wobei dies durch die Ausgabe von Gratisaktien verzehrt ist und sich eigentlich weniger dramtisch darstellt. Dürr ist ein weltweit führender Maschinen- und Anlagenbauer, unter anderem mit Lackierrobotern für die Autoindustrie. Der Ausstieg aus dem Mikrogasturbinengeschäft, die Produktionsengpässe bei HOMAG Holzmaschinen und stagnierende Umsätze hatten verunsichert. Die Bewertung des Familienunternehmens ist jedoch günstig und die Dividende attraktiv.
Kurzfristig werden die politische Einflüsse und die Notenbankpolitik immer wieder Auswirkungen auf die Märkte haben, langfristig bieten sich nach den Kursrückgängen günstigere Einstiegsmöglichkeiten. Über einen Sparplan ist man automatisch dabei, und muss keine Timingversuche unternehmen.
Die Deutschlandrente ist via Indexfonds in den angesprochenen Unternehmen investiert, der Autor hält mittelbar oder unmittelbar einige der besprochenen Aktien. Die Kurzinformation ist jedoch nicht als Kauf- oder Verkaufsempfehlung zu verstehen, sondern dient lediglich zur allgemeinen Information.